HeatResilientCity II

Hitzeanpassung urbaner Gebäude- und Siedlungsstrukturtypen — Akteursorientierte Umsetzungsbegleitung zur Stärkung der Klimaresilienz und Gesundheitsvorsorge

Im Forschungsprojekt HeatResilientCity II (HRC II) wurden Praxis-Akteurinnen und Akteure auf der Basis von Forschungsergebnissen befähigt, die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen an sommerliche Hitze zu forcieren und zu verstetigen. Die zweite Förderphase baute dabei auf den Ergebnissen des Vorläuferprojekts HRC auf (10/2017 - 01/2021), das wirksame, sozial gerechte und nutzerakzeptierte Anpassungsmaßnahmen entwickelte und umsetzte. Es identifizierte zudem wesentliche Akteurinnen und Akteure, Treiber und Hindernisse von Anpassungsmaßnahmen. Das Projekt HRC II endete am 31.07.2023.

Auf dieser Wissensbasis, die in HRC II auf der Ebene von verschiedenen Gebäude- und Siedlungsstrukturtypen erweitert und generalisiert wurde, sollten Praxis-Akteurinnen und Akteure „passgenau“ beraten und qualifiziert werden. Das Wissen wurde zudem in bestehenden und neu zu schaffenden Netzwerken etabliert. Die hierfür genutzten Kommunikations- und Kooperationsprozesse, involvierten Praxis-Akteurinnen und Akteure sowie Austauschformate sind in Abbildung 1 zusammengefasst. Das Verbundprojekt HRC II setzte auf den bewährten Forschungsverbund, der um Partner und Partnerinnen aus dem Bereich Gesundheitsförderung und Prävention erweitert wurde.




Ziel

Im Mittelpunkt von HRC II stand der Wissenstransfer in die Gesellschaft. Ziel des Wissenstransfers war es, die Akteurinnen und Akteure aus der Zivilgesellschaft, den Verbänden, den Kommunalverwaltungen, der Politik, der Wirtschaft und den Nichtregierungsorganisationen adressatengerecht anhand von Forschungsergebnissen zu qualifizieren, zu beraten und für die Umsetzung zu befähigen sowie darin zu begleiten (vgl. Abb. 1). Die Arbeit setzte an spezifischen Umsetzungshindernissen an, die bereits in HRC intensiv bearbeitet wurden. Diese waren die (1) oft fehlenden bzw. unklaren Zuständigkeiten (Klimaanpassung als freiwillige Aufgabe in den Kommunen), die gering ausgeprägte ämterübergreifende Zusammenarbeit zur Querschnittsaufgabe Klimaanpassung und mangelnden Ressourcen in den Verwaltungen, (2) heterogenen Eigentümerstrukturen, (3) vermeintliche Nicht-Zuständigkeit, (4) mangelndes Wissen oder (5) fehlende Sensibilisierung seitens der Wohnraumeigentümer und -verwaltungen, der kommunalen Verwaltungen, der betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie der anderen adressierten Praxis-Akteurinnen und Akteure. Für die verschiedenen Anliegen des Wissenstransfers wurden wirksame Kommunikations- und Kooperationsformate unter Einbeziehung der Akteurinnen und Akteure und ihrer Bedarfe entwickelt. Das wirkungsorientierte Kommunikationsdesign in den unterschiedlichen Formaten diente zur Stärkung der als Treiber wirkenden Motivationsfaktoren wie Problembewusstsein, Verantwortung und Wissen. In den angebotenen Qualifizierungen, Themen- und Expertenworkshops, Beratungen und in den transferorientiert geleiteten gemeinsamen Arbeits- und Kommunikationsprozessen wurde anwendbares Lösungswissen generiert und in die entscheidungs- und umsetzungsvorbereitenden Prozesse der Akteurinnen und Akteure integriert.



Module

Das Forschungskonzept bestand aus vier Modulen:

Im Modul 1 wurden durch die Praxis nachgefragte Indikatoren entwickelt, um die Wirksamkeit von Anpassungsmaßnahmen an Hitze zu bewerten und adressatengerecht zu vermitteln. Diese Indikatoren wurden in ein Tool für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Klimaanpassung auf Quartiersebene integriert.

Modul 2 widmete sich der weiteren systematischen Untersuchung eines breiten Bestands an Wohngebäuden im Hinblick auf deren Verletzbarkeit gegenüber Sommerhitze und dem Bereitstellen von gebäudetypenspezifischen Anpassungsmaßnahmen. Für andere Regionen und Städte Deutschlands wurde die Übertragbarkeit der bereits entwickelten Anpassungskonzepte geprüft. Darüber hinaus wurde die entwickelte Modellkette Stadtklimasimulation - Gebäudesimulation genutzt, um den Einfluss von Maßnahmen im Freiraum auf das Mikroklima im Quartier und auch dessen Auswirkung auf die Hitzebelastung im Gebäude zu analysieren.

Modul 3 bildete den Umsetzungsschwerpunkt des Projektes. Hier wurden neue Rollenverständnisse innerhalb der Verwaltungen etabliert und verstetigt. Akteurinnen und Akteure wurden qualifiziert und zum Handeln befähigt, ein Gesundheitsnetzwerk aufgebaut sowie ein Handbuch für lokales Hitzemanagement entwickelt. Kenntnisse einer Machbarkeitsanalyse zu hitzeresilienten Sharing-Ansätzen für Wohnungsgenossenschaften wurden in die Praxis transferiert.

Modul 4 diente dem inter- und transdisziplinären Projektmanagement, das den Wissenstransfer durch geeignete Kommunikationsformate gezielt unterstützte.




HeatResilientCity (HRC) - Hitzeresiliente Stadt- und Quartiersentwicklung in Großstädten – Bewohnerorientierte Wissensgenerierung und Umsetzung in Dresden und Erfurt (10/2017-01/2021)

 

 

Herausforderungen HRC

Steigende Hitzebelastung ist eine der folgenreichsten Umwelteinwirkungen für die Bewohnerinnen und Bewohner stark verdichteter Wohnquartiere. Hitzeperioden im Sommer können sowohl die Behaglichkeit und Leistungsfähigkeit des Menschen in Innenräumen von Gebäuden als auch die Aufenthaltsqualität im Freien erheblich mindern.
Es gibt wesentliche Erkenntnisfortschritte hinsichtlich regionaler Analysen der klimawandelbedingten Zunahme der Lufttemperatur. Demgegenüber sind jedoch lokale Hitzebelastungen und ihre Wirkungen auf Gebäude, Freiräume und Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Effekte von Anpassungsmaßnahmen zur Minderung der nachteiligen Folgen erst ansatzweise bekannt.

Zu diesen umsetzungsrelevanten Wissenslücken zählen beispielsweise (i) die Wirkung baukonstruktiver und gebäudetechnischer Maßnahmen zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeschutzes, (ii) die Perspektiven der Bewohnerinnen und Bewohner als Betroffene von Hitzebelastungen und ihre sozialräumlichen Bezüge sowie (iii) die Wechselwirkungen zwischen stadtklimatischen Faktoren und Ökosystemleistungen.



Ziele HRC

HeatResilientCity (HRC) entwickelte und realisierte innovative, sozial gerechte und nutzerakzeptierte Anpassungsmaßnahmen, welche die Reduzierung der sommerlichen Wärmebelastung von Menschen in Gebäuden und Freiräumen unterstützten.

In Beispielquartieren in Dresden und Erfurt untersuchte das Projektteam die Perspektiven, Bewertungen und Möglichkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner. Gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren aus der Gebäudewirtschaft und Stadtentwicklung bildeten die Kompetenzen und Expertisen der wissenschaftlichen Partner ein kreatives und innovatives Umfeld innerhalb der Quartiere.

Die beiden Städte koordinierten die innerstädtische Vernetzung, verantworteten das Management der Reallabore und unterstützten die Entwicklung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen u.a. durch Mitwirkung ihrer Fachbehörden.

Der inter- und transdisziplinär zusammengesetzte Forschungsverbund adressierte gezielt bestehende Zielkonflikte, erhöhte die Akzeptanz von Klimaanpassungsmaßnahmen, baute Umsetzungsbarrieren ab und leistete damit einen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung.


Module HRC

Modul 1 | Wirkungsanalyse von Klimawandel und Anpassungsoptionen

Modul 1 lieferte die aktuellen und zukünftigen klimatischen Eingangsgrößen für die Beispielquartiere in Dresden und Erfurt. Die in Modul 3 entwickelten und ausgewählten Anpassungsmaßnahmen an Hitzebelastungen wurden in verschiedenen Bereichen untersucht. So wurden die thermischen Belastungen für die Bewohnerinnen und Bewohner in Freiräumen und in Gebäuden, die Wirkungen von mittleren klimatischen Belastungen und Klimaextremen auf Gebäude, die zukünftigen Anforderungen an haustechnische Systeme sowie die klimaregulative Leistungsfähigkeit städtischer Ökosysteme analysiert.

Aus der Bearbeitung von Modul 1 resultierten für die Quartiere in Dresden-Gorbitz und der Erfurter Oststadt angepasste Daten für hitzebedingte Klimarisiken, z. B. die Definition einer mittleren und extremen sommerlichen Hitzeperiode im Klima-Zeitraum 2021 bis 2050. Darüber hinaus wurden die Inputdaten zur Bestimmung humanbiometeorologischer Indizes generiert. Mit Hilfe dieser Maßzahlen ließ sich die Hitzebelastung der Bewohnerinnen und Bewohner in Gegenwart und Zukunft bewerten. Die Auswirkungen künftiger Hitzeperioden auf Ökosystemleistungen und Biodiversität wurden ebenfalls für die Beispielquartiere in Dresden und Erfurt betrachtet. Auf der Ebene der Gebäude wurden die Energiebedarfe des Bestandes unter veränderten Klimabedingungen, insbesondere einer Verlängerung und Intensivierung sommerlicher Hitzeperioden, analysiert. Damit unterstützten die Daten und Werkzeuge von Modul 1 die Wissensvermittlung in Modul 2 sowie die Entwicklung und Erprobung von Handlungsoptionen in Modul 3.

Modul 2 | Akteursperspektiven auf lokale Klimaanpassungsprozesse

Das Modul beschrieb laufende und bereits abgeschlossene Klimaanpassungsmaßnahmen in den Kommunen Erfurt und Dresden. Durch Interviews mit beteiligten Wohnungsunternehmen, der Stadtverwaltungen und -politik, bürgerschaftlichen Organisationen sowie Bewohnerinnen und Bewohnern sollte herausgefunden werden, wo die Stärken und wo die Schwächen der bisherigen Anpassungsmaßnahmen in den beiden Städten lagen. Zudem wurden im Rahmen der Akteurs- und Netzwerkanalyse die Kommunikations- und Umsetzungshemmnisse für Klimaanpassungsmaßnahmen aufbereitet. Das Modul zeigte mit internationalen und nationalen Good Practice-Beispielen, wie bürgerorientierte Klimaanpassung in der Stadt gut funktionierte. Dazu wurden Ausstellungen in beiden Städten vorbereitet und im Sommer 2019 der Öffentlichkeit gezeigt. Befragungen und Informationsveranstaltungen in den hitzebelasteten Quartieren gaben den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, mehr über das Thema Hitzebelastung zu lernen und den Prozess der wissenschaftlichen Arbeit mitzugestalten. Eine besondere Methode der Befragung stellten persönliche Hitzekarten dar, die die subjektiv wahrgenommene Wärmebelastung der Quartiersbewohnerinnen und -bewohner kartographisch erfassten. Dies konnte mit der gemessenen Wärmebelastung verglichen werden. Die Ergebnisse der Befragungen, der partizipativen Veranstaltungen und die Erfahrungen von Expertinnen und Experten wurden wissenschaftlich ausgewertet und mittels Schlussfolgerungen zusammengefasst.


Modul 3 | Umsetzung auf Bewohner- und Quartiersebene

Modul 3 griff die Eingangsgrößen des Klimawandels (Modul 1) sowie die Wahrnehmungen, Erwartungen und Verhaltensmuster der Bewohnerinnen und Bewohner (Modul 2) aus den Beispielquartieren auf, um spezifische Handlungsoptionen für die Bewohnerinnen und Bewohner, die Gebäudewirtschaft sowie die Stadtentwicklung in Dresden und Erfurt zu entwickeln. Diese sollten in Pilotanwendungen in den Beispielquartieren erprobt werden. Das Modul wurde maßgeblich angetrieben, koordiniert und kofinanziert durch die beiden Landeshauptstädte und durch Grundstücks- und Gebäudeeigentümer, wie die Eisenbahner Wohnungsbaugenossenschaft Dresden, unterstützt. Es griff dabei einerseits auf Daten und Werkzeuge aus Modul 1 zurück, um innovative Anpassungsoptionen unter Beachtung ihrer Effektivität und Effizienz zu entwickeln und deren Erprobung zu begleiten. Andererseits steuerte Modul 2 die erforderlichen Arbeitsansätze und Techniken für die bewohnerorientierte Steuerung und Begleitung der Aushandlungs- und Priorisierungsprozesse im Sinne der Akzeptanz und der sozialen Gerechtigkeit bei.

Modul 4 | Interdisziplinäres und transdisziplinäres Projektmanagement

Durch die enge Zusammenarbeit von Forschung und Praxis im Forschungsvorhaben HeatResilientCity wurde eine transdisziplinäre Ausrichtung des Vorhabens ermöglicht. Sie spiegelte sich u. a. in einem Co-Design der durchgeführten Arbeiten wider. Bei diesem Co-Design wurden die Inhalte, Ziele und Arbeitsprozesse der Teilprojekte u. a. eng an den Erfordernissen, Möglichkeiten und zeitlichen Abläufen der umsetzenden Praxis orientiert. Kernpunkte eines darauf ausgerichteten Projektmanagements waren eine gemeinsame Beratung und Steuerung der zentralen inhaltlichen Fragestellungen durch eine Steuerungsgruppe, die Bereitstellung und Moderation geeigneter Dialog- und Kommunikationsformate sowie die kontinuierliche Begleitung der Planungsprozesse in den Beispielquartieren. Die Umsetzung von pilothaften Maßnahmen an und in Gebäuden sowie in Freiräumen war ein explizites Ziel des Projektmanagements im Forschungsvorhaben. Die enge Verzahnung der Perspektiven, Prioritäten, Erfahrungen und Möglichkeiten der Praxis einerseits und der Methoden und Innovationen auf Seiten der Wissenschaft andererseits erfolgte im Rahmen der Beispielquartiere in Dresden-Gorbitz und der Erfurter Oststadt. In diesen beiden Beispielquartieren waren die umsetzungsorientierten inhaltlichen und koordinatorischen Arbeiten des Projekts verortet.