HeatResilientCity II

Hitzeanpassung urbaner Gebäude- und Siedlungsstrukturtypen — Akteursorientierte Umsetzungsbegleitung zur Stärkung der Klimaresilienz und Gesundheitsvorsorge

Maßnahmen im Freiraum

HeatResilientCity (HRC) - Hitzeresiliente Stadt- und Quartiersentwicklung in Großstädten – Bewohnerorientierte Wissensgenerierung und Umsetzung in Dresden und Erfurt (10/2017-01/2021)

 

 

50 klimaangepasste Bäume und Sträucher für die Erfurter Oststadt

Mit diesem Projekt setzt die Landeshauptstadt Erfurt mit ideeller und finanzieller Unterstützung des Baumfondsbeirats (vertreten durch den BUND Erfurt sowie die Bürgerinitiative Stadtbäume statt Leerräume) das Vorhaben zur Neu- und Ersatzpflanzung von 50 Bäumen und Sträuchern um, welche den künftigen klimatischen Anforderungen (längerer Hitze- und Trockenstress, Kältestress) sowie den Gegebenheiten durch die Stadttechnik angepasst sind. Den Lageplan und die textliche Beschreibung des Vorhabens finden Sie im Download-Bereich nachfolgend beigefügt.

Ausgangslage und Standortbedingungen im innerstädtischen Raum
Der vorhandene Baumbestand leidet durch die mangelhaften Standortbedingungen und den hohen Nutzungsdruck. Viele Bäume mussten in der Vergangenheit aufgrund von Absterbeerscheinungen und Krankheits- oder Schädlingsbefall gefällt werden. Nachpflanzungen wurden oftmals aufgrund des Leitungsbestandes und aufgrund der einzuhaltenden Mindestabstände abgelehnt.

Stadttechnik und Klimawandel
Die technische Infrastruktur mit ihren ober- und unterirdischen Medien sind Errungenschaften unserer Zeit, die heute niemand mehr missen will und ganz selbstverständlich zu unserem Leben dazugehören. Leider bedeutet dieser Fortschritt für unsere Stadtbäume erhebliche Eingriffe und Beschränkungen des Kronen- und Wurzelraumes. Durch die Vielzahl unterschiedlicher Leitungen und Hausanschlüsse ist der unterirdische Bauraum deshalb dicht belegt. Aber für das Überleben der Stadtbäume ist es umso wichtiger ausreichend ober- und unterirdischen Lebensraum zur Verfügung zu haben, um sich zu verankern und mit Wasser, Luft und Nährstoffen versorgen zu können.
Mit den sich verändernden Klimabedingungen durch zunehmenden Hitze- und Trockenstress verschlechtern sich die ohnehin schwierigen Lebensbedingungen unserer Stadtbäume weiter.

Akzeptanz und Wohlfahrtswirkungen des Stadtgrüns und Stadtgestalt
Gleichwohl genießt das Stadtgrün zunehmende Akzeptanz bei der Bewohnerschaft Erfurts hinsichtlich der Erholungsfunktion, aber auch hinsichtlich ihrer Leistungen für das Ökosystem (Produktion von für den Menschen lebenswichtigen Sauerstoff, Speicherung und Filterung von Schadstoffen, bspw. Feinstaub, Stickoxide, CO2, Verdunstungsfunktion) und für die Gestaltung der Stadt. Stadtbäume prägen und gliedern Stadträume, sie spenden in den zunehmenden Hitzeperioden (mit Temperaturen über 40 Grad Celsius) wichtigen Schatten und leisten dabei einen wichtigen Beitrag für die thermische Regulierung der Körpertemperatur des Menschen und kühlen in deutlichem Maße auch Gebäude. Dies haben unter anderem Thermografieaufnahmen im Jahr 2019 (in Kooperation mit den Stadtwerken Erfurt GmbH und dem Ingenieurbüro Toralf Keilholz) rund um den Leipziger Platz sehr anschaulich verdeutlicht.

Kurzum gesagt: "Stadtgrün macht einen Stadtraum letztlich schön und lebenswert!"

Das HRC-Pilotprojekt "50 Bäume für die Erfurter Oststadt"
Mit dem BMBF-Forschungsprojekt "HeatResilientCity" (kurz HRC) unter der Federführung des Umwelt- und Naturschutzamts als Partner im Projekt sowie dem parallel laufenden BMU-Förderprojekt "Erfurter Stadtgrünkonzept im Klimawandel" (kurz SiKEF) wird die Chance genutzt, die Startbedingungen zu verbessern und mehr Baumpflanzungen in der Erfurter Oststadt zu initiieren.

38 Bäume sowie zahlreiche Strauchpflanzungen sollen in der Oststadt im Herbst 2020 (ersatz-)gepflanzt werden und die anschließende fünf-jährigen Pflege soll ein gutes Anwachsen gewährleisten.

Eingebaute Poller dienen dem Schutz der Baumscheiben vor Verdichtungen. Bei der Baumartenauswahl wurde Wert gelegt auf Artenvielfalt und angepasste Klimabäume immer unter Beachtung des vorhandenen Baumbestandes. Die Standorte der geplanten Baumpflanzungen und gewählten Arten sind im beigefügten Lageplan verortet.

Das Büro für Garten- und Landschaftsplanung Friedemann & Weber (Erfurt) wurde seitens des Garten- und Friedhofsamts mit der Planung des Projektes beauftragt.

Ziel war es wieder mehr Bäume in der Oststadt neu und nach zu pflanzen. Zahlreiche interne Abstimmungen (bspw. in der sogenannten Graberunde zur Vorabstimmung von Tiefbaumaßnahmen), Begehungen zur Bestandsaufnahme und Ortstermine mit den Versorgungsunternehmen wurden durchgeführt, um Lösungen und Kompromisse zu finden. Weiterhin wurden neue Rahmenvereinbarungen zwischen der Stadtverwaltung und den Leitungsträgern erarbeitet, um verstärkt Ersatzpflanzungen wieder zu ermöglichen. Diese koordinative Aufgabe leistete das Amt für Tiefbau und Verkehr.

Da der unterirdische Bauraum nur begrenzt zur Verfügung steht, müssen sich die Wurzelgruben den örtlichen Gegebenheiten anpassen und wurden für jeden einzelnen Standort individuell abgestimmt. Die unterirdischen Wurzelraumerweiterungen ziehen sich als Wurzelgraben in die Länge und werden durch Belüftungsstäbe mit Sauerstoff versorgt. Oberirdisch bleiben die offene Baumscheibe und die Belüftungsöffnungen sichtbar. Die Abdeckung der Baumscheibe erfolgt mit mineralischem Mulch, der diese Fläche vor Verdichtung und Verschlämmung schützt. An einigen Standorten waren Baumpflanzungen trotz Kompromissen aufgrund des Leitungsbestandes nicht möglich. So werden, z. B. in der Iderhoffstraße Großsträucher zur Begrünung der Baumscheiben verwendet.

Bewohnerorientiertes Wissen unterstützt die fachlichen Planungen
Die Maßnahme wurde aus Quartiersbefragungen sowie Beteiligungsworkshops in der Oststadt in den Jahren 2018 und 2019 sowie umfangreichen Messrundgängen mit einem Klima-Messrucksack und Bewertungen der Ökosystemleistungen seitens des HRC- Forschungsverbunds entwickelt. Das
vorliegende Konzept vernetzt somit Bürgerwissen und Nutzerakzeptanz mit den fachlichen Standards, welchen u.a. planungs- und genehmigungsrechtliche Vorgaben oder Normen zugrunde legen.

Mit diesem Quartiersgrünkonzept setzt die Stadtverwaltung Erfurt eine pilothafte Maßnahme im Rahmen des BMBF-Forschungsprojekts "HeatResilientCity" um. Sie ist zukunftsweisend für ähnliche Stadtquartiere und stark verdichtete städtische Räume Erfurts, aber auch in ganz Deutschland. Neben den Fördermitteln des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) finden auch Mittel aus dem sogenannten Baumfonds Einsatz. Den Baumfonds haben der BUND Erfurt und die Bürgerinitiative "Stadtbäume statt Leerräume" vom Oberverwaltungsgericht Weimar aus einer Klage gegen die Stadt Erfurt bezüglich der Fällungen von großen Bestandsbäumen an der Rathausbrücke zugesprochen bekommen. Der BUND und die Bürgerinitiative "Stadtbäume statt Leerräume" freuen sich nun, eine Teil dieser Gelder in die Maßnahmen einfließen lassen zu können, auf das "Erfurt und die Oststadt eine weiteres Stück grüner werden".

Downloads

  Lageplan – Baumpflanzungen in der Erfurter Oststadt
  Beschreibung – Baumpflanzungen in der Erfurter Oststadt