HeatResilientCity II

Hitzeanpassung urbaner Gebäude- und Siedlungsstrukturtypen — Akteursorientierte Umsetzungsbegleitung zur Stärkung der Klimaresilienz und Gesundheitsvorsorge

Maßnahmen an Gebäuden

HeatResilientCity (HRC) - Hitzeresiliente Stadt- und Quartiersentwicklung in Großstädten – Bewohnerorientierte Wissensgenerierung und Umsetzung in Dresden und Erfurt (10/2017-01/2021)

 

 

Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes – Sanierung von Gebäuden der Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft Dresden eG in Dresden-Gorbitz

Mit diesem Projekt setzt die Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft Dresden eG (EWG) drei verschiedene Anpassungsmaßnahmen zur Reduzierung der thermischen Belastung während anhaltend heißer Außentemperaturen in drei Wohngebäudekomplexen um, welche auf Grundlage von Forschungsergebnissen des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung e. V. und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden zur Umsetzung empfohlen wurden. Das zugehörige wissenschaftliche Konzept finden Sie unter dem Reiter Ergebnisse.

Grundlegende Informationen zu den Beispielobjekten

Die Beispielobjekte (s. Abb. 1) befinden sich im Stadtteil Gorbitz am westlichen Rand der Stadt Dresden. Dieser Stadtteil ist geprägt durch ab etwa 1980 entstandene Mehrfamilienwohnhäuser, die in einem Neubaugebiet überwiegend in Großtafelbauweise der Wohnungsbauserie 70 (WBS 70) errichtet wurden.

Abbildung 1: Ansicht eines Beispielobjektes, links: Fassade Süd (© Kunze 2018), Blick auf Gebäude rechts: Fassade West/Nord (© Schiela, Kunze 2018)

Die im Jahr 1984 erbauten, vollständig unterkellerten Beispielobjekte sind repräsentative Vertreter für ortstypische Gebäude und weisen rechteckige Grundrisse über insgesamt sechs Wohngeschosse auf. Ein typisches Merkmal der Bauweise ist die Kaltdachkonstruktion, welche aus einer Trogdachkonstruktion mit einem darunter liegenden, belüfteten Drempelraum (Luftzwischenraum zwischen Dachfläche und oberster Geschossdecke) besteht.

Die aus Großtafeln zusammengesetzten Außenwände sind als 3-schichtige Sandwichelemente ausgeführt und setzen sich von innen nach außen (i) aus einer 14 cm breiten Stahlbetontragschale, (ii) einer 6 cm dicken Kerndämmung aus Schaumpolystyrenplatten und (iii) einer 6 cm starken Wetterschutzschicht aus Stahlbeton zusammen. Die Innenwände bestehen aus Stahlbeton und weisen je nach Funktion eine Dicke von 7 cm bzw. 15 cm auf. Die Geschossdecken wurden aus 14 cm dicken Spannbetonfertigteilen hergestellt und für den Fußbodenaufbau lediglich mit einem Anhydritspachtel versehen.

Um diese Gebäude auch für weitere Dekaden wohnungswirtschaftlich nutzen zu können, sind durchgreifende Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen notwendig. So werden neben der energetischen Sanierung auch gebäudeintegrierte Aufzüge errichtet und seniorengerechte 2- und 3- Raumwohnungen geschaffen. In diesem Zusammenhang werden auch Maßnahmen zur Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes umgesetzt.

Anpassungsmaßnahmen zur Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes

Um die Wärmeeinträge in die Gebäude während Hitzeperioden zu mindern, ist der in der Sanierung ohnehin vorgesehene Fensteraustausch positiv zu bewerten. Durch die Reduzierung des Wärmedurchgangskoeffizienten sowie des Gesamtenergiedurchlassgrades der Verglasungen wird ein positiver Effekt auf das Innenraumklima unter sommerlichen Witterungsbedingungen erreicht. Zur weiteren Verbesserung werden außen liegende Verschattungseinrichtungen in Form von Rollläden an den Fensterflächen der südlichen, westlichen sowie östlichen Fassaden angeordnet (siehe Abb. 2). Davon ausgenommen sind Fensterflächen, welche durch externe Bauteile wie vorgestellte Balkone verschattet werden. Durch die Wahl einer manuellen Steuerung der Rollläden beeinflusst das Nutzerverhalten die Wirksamkeit der Anpassungsmaßnahme in hohem Maße. Die Investitionskosten sowie der Wartungsaufwand sind jedoch geringer als bei einer automatisierten Steuerung. Daraus ergeben sich Vorteile für die Lebensdauer der Rollläden.

Abbildung 2: Außenliegende Verschattungseinrichtungen an den Fenstern, links: westliche Fassade mit geplanten Anpassungsmaßnahmen (© Schiela 2020), rechts: Fenster mit eingebautem Rollladen (© Kunze 2020)

Im Vergleich zu den heute üblichen Flachdachkonstruktionen ist es vorteilhaft, dass bei den Beispielgebäuden oberhalb der obersten Geschossdecke ein ungenutzter Luftraum zur Verfügung steht, der über Außenluftdurchlässe in den Außenwänden belüftet wird. Um insbesondere die thermische Belastung in den Obergeschossen zu reduzieren, wird dieser Luftraum bei der Konzeption von spezifischen Anpassungsmaßnahmen für diese Gebäude berücksichtigt. Zur Optimierung zwischen dem Wärmedurchlasswiderstand (Dämmwirkung eines Bauteils) und der Wärmespeicherkapazität (Eigenschaft von Baustoffen bei Temperaturerhöhung Wärme aufzunehmen und zu speichern) der obersten Geschossdecke werden zusätzliche Schichten aus Estrich (z. B. 3 cm dick) und Mineralwolldämmung (z. B. 16 cm dick) empfohlen (s. Abb. 3).

Abbildung 3: links: zusätzliche Schichten von Estrich und Mineralwolldämmung (© Zweinert 2020), Grafik Lüftungsanlage, rechts: Schematische Darstellung der zentralen Lüftungsanlage zur Unterstützung des Luftwechsels während der Nacht (© Schiela 2019)

Abschließend wurde eine Anpassungsmaßnahme entwickelt, welche die überwiegenden kälteren Nachttemperaturen zum Austausch der aufgeheizten Innenraumluft nutzt. Da die Beispielobjekte überwiegend über innen liegende Badezimmer verfügen, ist eine Abluftanlage zwingend notwendig. Sie sichert eine Lüftung zum Feuchteschutz nach DIN 1946-6 in jedem Badezimmer mit einem Abluftvolumen von 30 m³/h. Dieses Abluftvolumen wird zur Unterstützung des nächtlichen Luftwechsels im Sommerhalbjahr verdoppelt. Um das Eindringen von wärmerer Außenluft über die notwendigen Außenluftdurchlässe in den Fenstern in das Gebäudeinnere zu verhindern, wird diese Anpassungsmaßnahme nur aktiviert, wenn die Innenraumtemperatur mehr als 26 °C beträgt und gleichzeitig über der Außenlufttemperatur liegt. Diese Maßnahme ist besonders bei geringen Nachttemperaturen und unabhängig vom Nutzer wirksam. Ihre Wirksamkeit ist jedoch bei Hitzeperioden mit mehreren aufeinander folgenden tropischen Nächten (Minimaltemperatur > 20 °C) eingeschränkt.

Vor der Empfehlung der aufgezeigten Anpassungsmaßnahmen zur Umsetzung an den Beispielobjekten wurde deren Wirksamkeit mit Hilfe von dynamisch-thermischen Gebäudesimulationen untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass der Maximalwert der Innenraumtemperatur (operative Temperatur) in einem besonders von Hitze betroffenen Wohnraum unter zukünftigen Klimarandbedingungen mit den einzelnen Maßnahmen um bis zu 2,5 °C reduziert werden kann. Eine gleichzeitige Anwendung der drei Anpassungsmaßnahmen bewirkt darüber hinaus eine Reduzierung um 3,2 °C.

Die beschriebenen Anpassungsmaßnahmen wurden bereits im Jahr 2019 an zwei Wohngebäuden der EWG umgesetzt. Ein weiterer Gebäudekomplex befindet sich im Sommer 2020 im Umbau. Um die tatsächliche Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen an den Beispielobjekten zu untersuchen, werden im Sommer 2020 systematische Vergleichsmessungen durchgeführt.

Abbildung 4: Beispielobjekte nach erfolgter Sanierung mit Anpassungsmaßnahmen (© Kunze 2020)